Deutscher Zoll: Beschlagnahmungswerte steigen 2020 dramatisch

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Der deutsche Zoll verbucht für 2020 einen drastischen Anstieg beim Wert beschlagnahmter Fälschungen. Insgesamt beschlagnahmten die Behörden Plagiate im dreistelligen Millionenwert; der Anstieg bei einigen Branchen ist dramatisch, wie die Zollstatistik zeigt.

Deutsche Zollbehörden konfiszierten im vergangenen Jahr gefälschte Waren im Wert von rund 238,87 Millionen Euro, wie aus der Zollstatistik 2020 und der Statistik für Gewerblichen Rechtsschutz 2020 hervorgeht, die Bundesfinanzminister Olaf Scholz und die Präsidentin der Generalzolldirektion, Colette Hercher, im Mai vorstellten. Gegenüber dem Vorjahr ist dies ein deutlicher Anstieg von mehr als 6 Prozent. Insgesamt stellten die Behörden rund 3,7 Millionen nachgemachte Waren sicher. Obwohl dies einen Rückgang gegenüber dem Vorjahr darstellt (2019: rund 5,2 Millionen Waren), steigt der Wert der beschlagnahmten Artikel auf ein neues Allzeithoch, wie auch Medien berichten.

Besonders dramatisch ist der Anstieg der beschlagnahmten Arzneimittel, wie aus der Statistik hervorgeht. Bei diesen hat sich die Anzahl der Beschlagnahmungen gegenüber dem Vorjahr auf 52 Beschlagnahmungen verdoppelt (2019: 26); der Wert der beschlagnahmten Artikel hat sich sogar fast vervierfacht, auf über 2 Millionen Euro. Auch der Wert beschlagnahmter Körperpflegeprodukte vervierfachte sich auf schockierende 12,6 Millionen Euro im Jahr 2020. Weitere starke Anstiege verzeichnen die Behörden bei gefälschter Elektronik sowie bei Nahrungsmitteln und Getränken; die Beschlagnahmungswerte stiegen hier um 90 Prozent beziehungsweise um rund 50 Prozent an.

An erster Stelle der konfiszierten Fälschungen, basierend auf dem Wert der sichergestellten Waren, stehen Accessoires, wie etwa Sonnenbrillen, Taschen und Schmuck, mit einem Gesamtbeschlagnahmungswert von rund 127 Millionen Euro. Sie werden gefolgt von Bekleidung (ca. 29 Millionen Euro), Mobiltelefonen (ca. 14,4 Millionen Euro), Elektronik (ca. 14 Millionen Euro), Schuhen (ca. 13,8 Millionen Euro), Körperpflegeprodukten (ca. 12,6 Millionen Euro) und Spielwaren (ca. 5,2 Millionen Euro).

Der Postversand nahm im vergangenen Jahr erneut eine besondere Rolle für den Fälschungshandel in Deutschland ein: fast 8 von 10 Beschlagnahmung entfielen auf Postsendungen. Betrachtet man den Wert der beschlagnahmten Waren, entfielen lediglich rund 25 Prozent auf den Postverkehr, jedoch mehr als die Hälfte (circa 53 Prozent) auf den Luftverkehr.

Wie im Vorjahr liegt China an erster Stelle der Ursprungsländer für Plagiate – 2020 mit rund 44 Prozent der beschlagnahmten Produkte, mit einem leichten Rückgang um rund 5 Prozent gegenüber dem Vorjahr. An zweiter Stelle folgt Hongkong mit rund 24 Prozent und einem deutlichen Anstieg von rund 12 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Weitere Herkunftsländer der in Deutschland aufgegriffenen Plagiaten waren Korea (rund 8 Prozent), Jordanien (rund 6 Prozent), die Türkei (rund 5 Prozent) sowie Saudi-Arabien (rund 3 Prozent), Indien (rund 2,5 Prozent), Libanon (1,3 Prozent); weitere rund 5,6 Prozent entfielen auf sonstige Länder.

Vor dem Hintergrund der stark gestiegenen Beschlagnahmungswerte des Zolls fordern Wirtschaftsverbände schärfere Reglungen gegen den Fälschungshandel im Internet, wie sie im Moment mit dem geplanten Digital Services Act der Europäischen Union diskutiert werden. „Es ist an der Zeit, dass die Politik den Tatsachen ins Auge blickt und den Vertrieb gefälschter Produkte über die Onlinehandelsplattformen und die bekannten sozialen Netzwerke mit legislativen Maßnahmen eindämmt“, so Christian Köhler, Hauptgeschäftsführer Markenverband e. V.

Der Aktionskreis gegen Produkt- und Markenpiraterie e.V. (APM) fordert unter anderem, aktive Prüfpflichten für Betreiber von E-Commerce-Plattformen: „Die Zollbehörden leisten im Einsatz gegen Produkt- und Markenpiraterie hervorragende Arbeit“, so der Vorstandsvorsitzende des APM, Volker Bartels. „Der Zoll kann jedoch nur einen bestimmten Anteil der Lieferungen kontrollieren, gerade, wenn viele Einzelsendungen im Internet bestellt werden. Er kann und sollte diese Aufgabe nicht alleine bewältigen.“

Quellen: Generalzolldirektion, Markenverband, APM

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