Insgesamt rund 152 Millionen gefälschte Artikel wurden durch die Polizei-, Zoll- und Marktüberwachungs‑Behörden in der Europäischen Union im Jahr 2023 sichergestellt – das entspricht einem rasanten Anstieg von 77 % im Vergleich zum Vorjahr. Zugleich stieg auch der geschätzte Wert der sichergestellten Plagiate, und zwar um 68 % auf nun rund 3,4 Milliarden Euro. Das geht aus dem im November 2024 veröffentlichten Bericht der Europäischen Kommission und des Amts der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums in der EU hervor.
Ein wesentlicher Faktor für den starken Anstieg ist dem Bericht zufolge die deutliche Zunahme der Beschlagnahmungen innerhalb des EU‑Binnenmarkts, die mehr als 90 % der Gesamtanzahl der beschlagnahmten Artikel ausmachten. Mit rund 138 Millionen beschlagnahmten Artikeln und einem Wert von 2,7 Milliarden Euro wurde hier der höchste Wert seit zwölf Jahren erreicht. Eine zentrale Rolle dabei spielte Italien: Über 80 % aller im Binnenmarkt sichergestellten Plagiate stammten aus Operationen in dem Mittelmeerland, gefolgt von Frankreich, Rumänien und Spanien. Deutschland findet sich in der Statistik ebenfalls in den Top-10 der beteiligten Mitgliedstaaten wieder.
Im Gegensatz dazu verzeichneten die Sicherstellungen an den EU-Außengrenzen laut Bericht einen starken Rückgang. Die Zahl der beschlagnahmten Artikel sank von rund 24 Millionen im Jahr 2022 auf rund 17,5 Millionen 2023, ein Rückgang um 27 % und der niedrigste Stand der letzten zehn Jahre. Auch der geschätzte Wert dieser Waren reduzierte sich, um 14 % auf nun noch rund 811 Millionen Euro. Ähnlich stark rückläufige Zahlen der Grenzbeschlagnahmungen zeigten sich für Deutschland auch bereits in der vor einigen Monaten veröffentlichten deutschen Zollstatistik für 2023.
Zu den besonders stark betroffenen Branchen zählten 2023 vor allem Spiele, Spielzeug und Tonträger. Die wachsende Anzahl von sichergestellten Verpackungsmaterialien und Etiketten, beide in der Top‑5 der beschlagnahmten Waren, deutet erneut auf zunehmende Produktionsnetzwerke von Fälschern innerhalb der EU. Dabei würden aus Waren ohne Markennamen innerhalb der EU Fälschungen hergestellt, um so Beschlagnahmungen an den EU‑Grenzen zu erschweren oder zu vermeiden.
Wie in den Vorjahren blieben laut Bericht die Markenrechte das am häufigsten verletzte Schutzrecht (über 84 %), gefolgt von Urheberrechten und Designschutz. Die wichtigsten Ursprungsländer gefälschter Waren bleiben weiterhin die Volksrepublik China (mit rund 5 %), gefolgt von der chinesischen Sonderverwaltungszone Hongkong (rund 9 %) und der Türkei (8 %).
Auch hinsichtlich der Transportwege gefälschter Waren sind wenig Veränderungen festzustellen: Die meisten Beschlagnahmungsfälle fanden 2023 erneut bei Post und Expressversand statt. Allerdings ist beim Blick auf die Anzahl der beschlagnahmten Artikel bei den verschiedenen Transportarten nach wie vor die Seefracht der vorherrschende Verkehrsweg für Plagiate.
Der Bericht von EU und EUIPO hebt zudem die Rolle verbesserter internationaler Kooperationen hervor, insbesondere durch die Sicherheitsinitiative EMPACT (European Multidisciplinary Platform Against Criminal Threats). Stärkere Zusammenarbeit zwischen Strafverfolgungsbehörden und Rechteinhabern hätte maßgeblich zum Erfolg beigetragen. Inwieweit die neuen Maßnahmen gegen Fälschungen, welche die EU‑Kommission Anfang 2024 vorstellte, helfen werden, auch in Zukunft an die Erfolge von 2023 anknüpfen zu können, wird sich zeigen.