EU-Studie: Produktpiraterie als Herausforderung in Europa

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Vor dem Hintergrund mangelnder Awareness, neuer Technologien und hoher Inflation bleibt Produktpiraterie eine zentrale Herausforderung in Europa. Dabei erwarten die Behörden auch eine Verlagerung illegaler Produktion in die EU. Die aktuelle EU‑SOCTA‑Studie zeigt die neuesten Entwicklungen auf.

Angetrieben von einem fehlenden Bewusstsein für die Risiken von Plagiaten und den hohen beziehungsweise weiter steigenden Preisniveaus bleibt Produkt‑ und Markenpiraterie eine erhebliche Herausforderung für Unternehmen und Markenschutz-Experten in Europa. Das geht aus der aktuellen Studie Serious And Organised Crime Threat Assessment (SOCTA) der Europäischen Union hervor. Die umfangreiche Untersuchung von Europol erwartet, dass Verbrechen im Bereich des geistigen Eigentums, wie der Handel mit gefälschten Produkten, weiterhin ein lukratives Geschäft sein wird.

Als einen besorgniserregenden Trend sieht die Untersuchung dabei auch die zunehmende Verlagerung der Produktion gefälschter Waren in die EU. Zwar würden Fälschungen typischerweise immer noch außerhalb der EU produziert – allerdings würden auch scheinbar seriöse Produktionsstätten innerhalb Europas von Fälschernetzwerken genutzt. Aktuelle Untersuchungen, etwa zu gefälschten Pestiziden und Autoteilen, zeigten, dass auch innerhalb der EU mittlerweile illegale Produktionsnetzwerke mit modernster Ausrüstung aktiv wären.

Auch in der Nutzung neuer Technologien durch Fälscher sieht die SOCTA‑Studie einen zentralen Aspekt. Dazu gehörten digitale Marktplätze und Vertriebsplattformen sowie soziale Medien, die zur Vermarktung und zum Vertrieb gefälschter Waren herangezogen würden. Durch Social Commerce, also die Integration von E‑Commerce in soziale Medien, könnte sich diese Problemstellung weiter verschärfen. Plattformen wie Instagram, Facebook und TikTok standen bereits zuvor in der Kritik als Vertriebswege für gefälschte Produkte – ebenso wie Influencer, die aufmerksamkeitsstark für Plagiate werben (Dupe‑Influencer).

Neue Entwicklungen ergeben sich laut der Studie zudem durch den zunehmenden Einsatz neuartiger Technologien durch Fälscher. Die Untersuchung erwähnt hier insbesondere den 3D‑Druck und künstliche Intelligenz (KI). Durch den verstärkten Einsatz solcher Methoden würde es möglich, Nachahmungen mit hoher Präzision und einem geringen Risiko für menschliche Fehler herzustellen. Zudem könnten die Fälscher so die Produktion von Plagiaten zunehmend automatisieren.

Die Nutzung von legalen Geschäftsstrukturen durch kriminelle Netzwerke wird ebenfalls in der Studie hervorgehoben. Fälschernetzwerke würden legitime Unternehmen nutzen, um ihre Aktivitäten zu tarnen und die Geldwäsche der illegalen Gewinne zu ermöglichen. Als Beispiel hierfür nennt die Studie einen Fall aus Griechenland: Eine Fälscherbande soll demnach über 364.000 Pakete mit gefälschten Luxusgütern vertrieben haben. Die Fälscher hätten dabei über 18 Millionen Euro an illegalen Profiten generiert, die sie über andere Firmen, die dem Netzwerk gehörten, gewaschen hätten. Das Netzwerk besaß zudem offenbar zwei Kurierdienste, um die Geld‑ und Warenströme zu verschleiern.

Mit der SOCTA‑Studie bietet Europol eine detaillierte Analyse der Bedrohungen durch schwere und organisierte Kriminalität in der Europäischen Union, basierend auf Informationen aus Strafverfolgungsbehörden. Mit den Ergebnissen zu Produktpiraterie unterstreicht die Studie dabei auch die Notwendigkeit, mit innovativen Maßnahmen auf die Herausforderungen durch Produktpiraterie zu reagieren.

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