Willkommen im Club!

Die neue Audio-App Clubhouse hat direkt nach Veröffentlichung einen regelrechten Hype generiert. Ist damit der Angriff auf den seinerseits noch jungen Siegeszug des Podcasts eingeläutet? Das haben wir uns genauer angeschaut.

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– Trennt's: Spreu vom Weizen –
09.04.2021
Willkommen im Club!
Die neue Audio-App Clubhouse hat direkt nach Veröffentlichung einen regelrechten Hype generiert. Ist damit der Angriff auf den seinerseits noch jungen Siegeszug des Podcasts eingeläutet? Das haben wir uns genauer angeschaut.

Eine App, die kurz nach Veröffentlichung und mit nur 1.500 Usern bereits auf 100 Millionen Dollar geschätzt wird? Das nennen wir einen waschechten Hype. Geglückt ist dieses Kunststück der relativ neuen Audio-App Clubhouse. Grund genug, dass wir anschauen, was die App kann, woher dieser Hype kommt und ob Clubhouse der neue Podcast ist.

Was ist eigentlich Clubhouse?
Die Drop-in-Audio-App gibt es in den USA bereits seit einem Jahr, in Deutschland begannen die Nutzerzahlen erst ab Januar 2021 zu steigen. Das Prinzip ist einfach: Keine Videos, keine Bilder, keine Likes – es gibt nur Live-Audio-Content. Man kann dort Clubs zu bestimmten Themen beitreten, die eine ähnliche Funktion haben wie die Gruppen bei Facebook – nur ausschließlich auf Audio-Basis. Kostenlos kann jeder Nutzer mitreden, einfach nur zuhören oder ganz unkompliziert seinen persönlichen Live-Podcast verbreiten.

Die App bietet also Live-Interaktion im Talkshowformat. Diese findet in sogenannten Räumen statt. Jeder User kann öffentlichen Räumen beitreten, seine eigenen eröffnen – oder sich in geschlossenen Räumen mit den Freunden unterhalten. Dabei gibt es verschiedene Rollen. Neben den Sprechern sind das Moderatoren und Zuhörer. Zuhörer können einfach nur der Diskussion lauschen, oder selbst die Hand heben (fast wie in der Schule, nur per Button), um Teil des Gesprächs zu werden.

Um größere Talk-Events zu veranstalten, kann man Diskussionsrunden vorplanen, die interessierte Nutzer in der Kalenderansicht sehen können. So kann man die Reichweite erhöhen und im Vorfeld auch andere soziale Plattformen nutzen, um die Werbetrommel für sein Event zu rühren.

Woher kommt der Hype?
Wer Teil dieser Social-Audio-Geschichte sein möchte, braucht eine Einladung. Vermutlich liegt darin der Schlüssel zum Hype um Clubhouse: Exklusivität. Die Invites geben der App einen Touch von Elite – von einem besonderen Club eben. Eine weitere Besonderheit: In deinem Profil wird öffentlich angezeigt, von wem du eingeladen wurdest. Es empfiehlt sich also, bewusst auszuwählen, wem man eine Einladung schickt. Die Entwickler der App haben allerdings bereits angekündigt, dass sie Clubhouse bald für jeden zugänglich machen wollen.

Ein weiterer Exklusivitätsfaktor: Die App ist bis jetzt nur für IOS erhältlich ist. Android-Nutzer können also noch nicht Teil des Clubs sein – vielleicht macht das die App nur umso interessanter? Auch hier versprechen die Macher von Clubhouse Demokratisierung: Die App wird auch in dieser Hinsicht bald für alle nutzbar sein, eine Android-Version sei bereits in Arbeit.

Und schließlich der dritte Grund für die Beliebtheit: die einfache Nutzung. Wenn man dann mal Mitglied im Clubhouse-Club ist, ist die Teilnahme und auch das Produzieren von Content nicht weiter kompliziert. Man braucht keine besondere Technik: Headset oder das eingebaute Mikrofon im Smartphone reichen aus, um mitzumischen.  Es bedarf also keiner teuren Podcast-Ausrüstung mit Profimikrofon und keiner Editing-Skills.

Löst Clubhouse Podcasting ab?
Dieser Unterschied zum klassischen Podcast, wie wir ihn bisher kennen, ist bezeichnend: Jeder (mit Zugang zur App) kann unkompliziert zum Podcaster werden. Außerdem bietet Clubhouse die Möglichkeit zur Interaktion mit den Sprechern, die bei vorproduzierten Audioinhalten natürlich wegfällt. Dieser Talkshow-Charakter gibt der Sache einen interessanten Twist und ist sicherlich für manche Inhalte gewinnbringend. Vor allem, wenn es hauptsächlich um Unterhaltung geht.

Für viele Formate bietet der herkömmliche Podcast jedoch nach wie vor die bessere Alternative. Denn nur beim Klassiker lassen sich zum Beispiel im Nachhinein Audioqualität oder unglückliche Formulierungen verbessern oder weitere Audio-Features wie Musik, Kommentare oder Interviews einbetten. Für den Nutzer liegt der große Unterschied zudem in der Zugänglichkeit: Clubhouse-Inhalte werden nicht aufgezeichnet. Man kann sie nur live verfolgen und wer Events oder Gespräche verpasst, hat keine Möglichkeit, sie nachträglich noch zu hören. Die Sessions sind fixe Termine und ihre Attraktivität liegt eben in ihrem Eventcharakter. Wie Interaktionen im echten Leben geschehen sie live und sind nicht reproduzierbar. Wer dagegen Inhalte gerne zeitlich flexibel konsumieren möchte, on demand also, wer gerne auch mal Inhalte herunterlädt, um sie offline hören zu können, oder wer sogar gerne zwischendurch pausiert, wird mit Clubhouse nicht glücklich. Für diese Nutzer und für Content, der nicht auf direkten Austausch angewiesen ist, sondern sorgfältig aufbereiteten und durchdachten Input liefern soll, bleibt der Podcast also durchaus die bessere Wahl und wird nach unserer Einschätzung nicht so schnell von Clubhouse abgelöst.

Was kommt als nächstes?
Man kann also eher von einer friedlichen Koexistenz der Formate ausgehen. Abgesehen davon lässt sich die Zukunft von Clubhouse eher schlecht voraussagen. Es ist ja nicht der einzige Live-Audio-Anbieter unter den Apps. Bereits vor Clubhouse gab es zum Beispiel Discord (kostenlos, umfassende Funktionen, vor allem in der Gamerszene sehr beliebt, betriebssystemübergreifend), das eine beachtliche Reichweite aufgebaut hat. Des Weiteren könnte die von Spotify geplante Plattform Locker Room das vorzeitige Ende für den Clubhouse-Hype einläuten. Es bietet die gleichen Funktionen wie Clubhouse, allerdings eben auch die Möglichkeit für Content Creator, ihre Spotify-Reichweite auf Locker Room zu übertragen. Es bleibt also spannend!

Unsere Trendenz daher:Trendenz zu Willkommen im Club!

 

Quellen: theverge.com, mashable.com

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