Traut euch 2.0!

Das Erzbistum Freiburg unterstützt Paare seit neuestem bei der Hochzeitsplanung mit einem Online-Hochzeitskonfigurator. Das Beispiel zeigt: Kirche will digitaler kommunizieren. Erfolgreich?

© Elnur/stock.adobe.com
– Unser Senf dazu –
03.09.2020
Traut euch 2.0!
Das Erzbistum Freiburg unterstützt Paare seit neuestem bei der Hochzeitsplanung mit einem Online-Hochzeitskonfigurator. Das Beispiel zeigt: Kirche will digitaler kommunizieren. Erfolgreich?

Seit Jahrzehnten sinkt die Zahl kirchlicher Trauungen in Deutschland deutlich: Während ihr Anteil im Jahr 1953 noch bei nahezu 80 Prozent aller Trauungen lag, schrumpfte er bis zum Jahr 2015 auf 22 Prozent. Diese Entwicklung lässt sich sicher auch auf den starken Anstieg der Kirchenaustritte zurückführen. Allein im Jahr 2019 verließen über eine halbe Million Personen die beiden großen christlichen Kirchen. Diese Entwicklung ist indes für die Kirche besonders schmerzlich, kann die kirchliche Trauung für viele doch eine der großen und relevanten Verbindungen zwischen Kirche und säkularem Alltag sein.

Das haben nun möglicherweise auch die Verantwortlichen im Erzbistum Freiburg erkannt und setzen mit einer aufmerksamkeitsstarken Online-Aktion auf einen Perspektivwechsel: Für den Pastoraltheologen Bernhard Spielberg ist klar, dass Kirche künftig nutzerorientierter kommunizieren und vorhandenes Behördendenken ablegen muss, um so Menschen den Zugang zur Kirche zu erleichtern. So entstand im Zusammenhang eines breit angelegten Digitalisierungsprojekts die Idee eines „Hochzeitskonfigurators“.

Unter einfach-kirchlich-heiraten.de können sich Heiratswillige ganz einfach und schnell unter anderem über mögliche Termine informieren sowie welche Pfarrer und Kirchen für eine Trauung zur Verfügung stehen. Gleichzeitig stellt der Konfigurator auch inhaltliche Fragen, zum Beispiel ob und wie das Paar die Trauung aktiv mitgestalten will. Freiwillig kann das Paar auch tiefergehende Fragen beantworten, beispielsweise welche Aspekte ihre Partnerschaft tragen, und damit direkt persönliche Inhalte für eine authentische und individuelle Trauung liefern.

Der Hochzeitskonfigurator bietet Paaren also den klaren Vorteil, eine zentrale Plattform zu haben, die sie unabhängig von Sprechzeiten und Vor-Ort-Terminen bei der Organisation ihrer kirchlichen Trauung unterstützt und so bürokratischen Aufwand deutlich senkt. Gleichzeitig ist der Konfigurator laut Aussagen der Projektverantwortlichen der Versuch, auf diesem neuen Weg „Kirche als eine an Gastfreundschaft, Zeitgenossenschaft und Kommunikation auf Augenhöhe interessierte Institution“ erfahrbar zu machen. Ziel ist, die Angebote der Kirche für relevante Personengruppen zu verbessern und zeitgemäßer zu gestalten.

Bislang befindet sich der Hochzeitskonfigurator in einer ersten Testphase – eine fundierte Auswertung zu seinem Erfolg liegt daher zum aktuellen Zeitpunkt noch nicht vor. Dennoch wollen wir aus unserer Sicht als Kommunikationsschaffende eine erste Bewertung wagen. Und zwar jenseits von grundlegenden Diskussionen um die Relevanz und Bedeutung von Religion und Kirche. Religion und ihre Institution sind Glaubenssache und von daher zutiefst subjektiv und individuell – und das ist auch gut so.

Fokussieren wir uns also auf den Kommunikationsaspekt: Zunächst finden wir es spannend, dass sich die Kirche mit dem Projekt durchaus auf – für sie – Neuland wagt. Gerade die Verbindung aus Onlinemarketing und Dienstleistungsgedanken ist für eine solche Institution eine Herausforderung. Den oben bereits beschworenen Perspektivwechsel von der Zielgruppe und dem Nutzen her zu denken ist allerdings aus unserer Sicht sicher ein lohnendes Unterfangen – und seit jeher ein essenzieller Bestandteil erfolgreicher Kommunikation.

Zu verstehen, in welcher Situation ein Gegenüber gerade ist und welche Bedürfnisse er oder sie hat, erleichtert es einem, passende Informationen und Angebote zur Verfügung zu stellen. Die wiederrum schaffen Relevanz für die eigene Position. Sprich: Wenn es die Kirche schafft, mit Hilfe solcher Projekte wie dem Hochzeitskonfigurator, die Lebenswelt und Nutzergewohnheiten heutiger Generationen anzunehmen und in ihre Wirkungsweise zu integrieren, dann besteht die Chance auf nachhaltige Veränderung und Annäherung.

Die Erfolgsaussichten hängen indes auch davon ab, ob alle Seiten Projekte wie dieses mit der gebotenen Offenheit annehmen und sich darauf einlassen, sie wirklich zu testen und weiterzuentwickeln. Aber wer sich traut, der könnte sich ja auch mal was trauen … unseren Segen jedenfalls hätten sie.

Quellen: einfach-kirchlich-heiraten.de, domradio.de, statista.com, augsburger-allgemeine.de, zap-bochum.de

Weitersagen



Weitere Beiträge zum Thema