Das WWW der Bäume
Beim Stichwort Networking denken wir sofort an geschäftliche Kontakte nach außen. Aber ein gutes Netzwerk ist nicht nur nach außen hin essenziell. Auch innen, quasi unter der Oberfläche einer Gemeinschaft ist ein enges Kommunikationsnetzwerk ein absoluter Gewinn.
Dieses Prinzip machen sich nicht nur clevere Unternehmen zu Nutze, sondern auch Bäume. Ja, richtig gelesen. Seit einiger Zeit ist wissenschaftlich belegt, dass Pflanzen mehr können als Photosynthese und Fortpflanzung. Für Bäume im Speziellen ist sogar ein richtiges Wurzel-Kommunikationsnetzwerk nachgewiesen – also quasi ein Wood Wide Web! Der Name, den das Geflecht von den Wissenschaftlern verpasst bekam, ist Programm: Wie wir das Internet, nutzen Bäume ihre sogenannte Mykorrhizennetzwerke, um darüber Informationen und sogar Nährstoffe auszutauschen.
Wie das funktioniert?
Mykorrhize setzt sich zusammen aus den griechischen Wörtern mýkēs (Pilz) und rhiza (Wurzel) und beschreibt ein Geflecht aus Pilzmyzel und Pflanzenwurzeln. Ein unterirdisches Netzwerk, aus dem das Ökosystem der Bäume und Pilze Lebenssaft zieht und kommuniziert. Das Pilzmyzel fängt Wasser, Mineralien und andere Nährstoffe aus dem Boden auf und teilt sie mit den Baumwurzeln, mit denen es verwachsen ist. Diese wiederum versorgen die Pilze mit wertvoller Glucose, die von den Bäumen durch Photosynthese erzeugt wurde. Über dieses Wood Wide Web sind ausgehend von einem „Mutterbaum“ bis zu über 40 Bäume artenübergreifend miteinander verbunden. Darunter wieder weitere solcher Mutterbäume mit deren „Freundesliste“ an vernetzten Bäumen und so weiter …
Ein effektives Abwehrsystem
Das Kommunikationsnetzwerk dient damit nicht zuletzt auch dem Informationsaustausch – zum Beispiel über Klimaveränderungen oder neue Fressfeinde. So können sich Bäume, ohne einer Veränderung direkt ausgesetzt zu sein, bereits auf diese vorbereiten.
Ein Beispielszenario: Ein einzelner Baum verteidigt sich gegen hungrige Schmetterlingsraupen durch Absondern eines giftigen Sekrets. Über das Mykorrhizennetzwerk warnt er andere Bäume, die dann ihr Abwehrsystem hochfahren können, bevor der neue Fressfeind sich bis zu ihnen ausbreitet.
Baumschule
Daraus können wir durchaus etwas lernen: Aus Sicht der internen Kommunikation könnte man dieses Vorgehen nämlich zum Beispiel auf das Issue Management bei unternehmerischen „Fressfeinden“, wie negativer Berichterstattung, übertragen. Auch hier ist eine der erfolgversprechendsten Strategien, die Krisenkommunikation innen anzusetzen: Erstmal die eigenen Mitarbeiter informieren und vorbereiten – quasi das firmeninterne „Wurzelnetzwerk“ aktivieren – und dann erst Partner und weitere Akteure mit ins Boot holen. So können Krisensituationen abgefangen, der interne Zusammenhalt und damit die Abwehrkräfte gegen Gefahr von außen am besten gestärkt werden.
Auch im Umgang mit Zöglingen kann man sich bei den Bäumen etwas abgucken. Über ihr Underground-Network können sie sogar Nährstoffe und Zucker mit jungen, heranwachsenden Bäumen teilen. So sorgt die Natur ganz von selbst für eine Verteilung von Ressourcen und nachhaltiges Wachsen und Gedeihen.
Und die Moral von der Geschicht …
… ohne Austausch funktioniert es nicht. Oder zumindest weniger erfolgreich. Das Wurzelnetzwerk der Bäume zeigt: Je reger der Austausch desto vitaler und stärker die Gemeinschaft. Je besser die interne Kommunikation also funktioniert, desto gesünder ist das Unternehmen selbst und desto besser gedeiht auch jeder einzelne Kollege – denn jeder ist immer auch ein Knotenpunkt im inneren Kommunikationsnetzwerk, der Informationen teilt, nutzt und empfängt. Fast wie im Wood Wide Web.
