Fingierte IP-Beschwerden führen zu Take-Down auf Amazon

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Eine vorgetäuschte Klage über Schutzrechtsverletzungen führte jetzt dazu, dass der Online-Riese Amazon das Angebot eines amerikanischen Marketplace-Händlers sperrte. Dem Händler entstand ein Schaden von rund 170.000 Euro – wohl bei weitem kein Einzelfall.

Aufsehen erregt aktuell der Fall des US-amerikanischen Marketplace-Händlers Brushes4Less, dessen Marketplace-Shop von Amazon im Juli suspendiert worden war. Angeblich, weil eines seiner Produkte gegen Schutzrechte eines anderen Unternehmens verstoßen würde – die Beschwerde dazu erhielt Amazon allerdings von einer Anwaltskanzlei, die überhaupt nicht existiert.

Die fingierten Vorwürfe, die gegen Brushes4Less erhoben wurden, scheinen dabei kein Einzelfall bei Amazon zu sein. Bereits mehrfach stand der Online-Versandriese in der Kritik, weil er Meldungen zu angeblichen IP-Verstößen nicht ausreichend geprüft hatte. So berichtet die amerikanische CNBC von einer Vielzahl an Marketplace-Händlern, die bereits solche vorgetäuschten Schutzrechtsbeschwerden erhalten hätten.

Im vergangenen Jahr soll beispielsweise eine Reihe von Händlern, die beliebte Samsung-Geräte verkauften, aufgrund falscher Vorwürfe auf Amazon-Marketplace gesperrt worden sein; und das kurz vor dem sogenannten Black Friday, einem der umsatzstärksten Tage in den USA. Experten vermuten, dass es sich bei den Urhebern der Vorwürfe oft um konkurrierende Händler handele, die gezielt beliebte und verkaufsstarke Produkte ihrer Konkurrenz melden, um deren Geschäft zu schädigen.

„Amazon tut nur wenig, um die Vorwürfe zu überprüfen und sicherzustellen, dass sie gerechtfertigt sind. Für gewöhnlich wird man als Händler direkt an den Ankläger verwiesen, wenn man weitere Informationen erhalten oder das Problem lösen möchte“, erklärt Chris McCabe, ein ehemaliger Amazon-Mitarbeiter, gegenüber CNBC. „Wenn Amazon bei der Bearbeitung von Beschwerden so weitermacht wie bisher, wird die Anzahl gesperrter Marketplace-Accounts drastisch zunehmen. Das zerstört das Vertrauen in den Marketplace.“

Gleichzeitig steht Amazon unter Druck, mehr gegen Fälschungen zu unternehmen, die auf seiner Plattform verkauft werden. Diskutiert wurde zum Beispiel der Fall des Schuhherstellers Birkenstock, der sich wegen der vielen dort vertriebenen Fälschungen von Amazon zurückzog (wir berichteten). Amazon hatte zwischenzeitlich angekündigt, gemeldete Produktfälschungen schneller zu löschen und ein neues Markenregister in den USA einzuführen, um so die Zusammenarbeit mit bekannten Schutzrechtsinhabern zu verstärken (wir berichteten).

Auch im Fall von Brushes4Less verwies Amazon den Händler lediglich an den Kläger; die Kontaktdaten für die angebliche Anwaltskanzlei erwiesen sich jedoch als falsch und auch die mittlerweile nicht mehr erreichbare Webseite der Kanzlei stellte sich schnell als gefälscht heraus. Eine einfache Suche im Internet zeigte, dass dazu Bilder einer Anwaltskanzlei in Missouri gestohlen worden waren. „Nur fünf Minuten Recherche hätten ausgereicht, um die Webseite als Fälschung zu enttarnen“, erklärt der Inhaber von Brushes4Less gegenüber CNBC. „Doch Amazon scheint so etwas nicht machen zu wollen.“

Schließlich dauerte es insgesamt rund zwei Monate bis der Inhaber seinen Marketplace-Shop reaktivieren und die Vorwürfe mit Amazon klären konnte; rund 170.000 Euro Umsatz soll die falsche Anklage den Unternehmer in dieser Zeit gekostet haben.

Quellen: CNBC, World Trademark Review

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