Nachdem ihr nun über die Lieblingsemojis unserer Kollegen Bescheid wisst (siehe Beiträge „Welche Emojis – und wenn ja, warum?“, Teil I und Teil II), wollen wir unseren Blick weiten: Was haben Emojis mit Kultur zu tun? Die meisten von uns verwenden täglich mindestens eines von ihnen, wenn sie über soziale Medien mit anderen kommunizieren. Und natürlich gehen wir davon aus, dass unser Gegenüber auch genau versteht, was wir damit sagen wollen. Aber ist es wirklich so einfach, wie es scheint?
Zwar mag das Emoji-Verständnis innerhalb eines Kulturkreises durchaus gut funktionieren – aber wenn man mal den Horizont erweitert, wird es spannend:
Von Land zu Land werden die kleinen bunten Symbole unterschiedlich genutzt und interpretiert. Und dabei kann es schon mal auf Details ankommen. Zum Beispiel bei der Rock-on-Hand, bei der Zeigefinger und kleiner Finger nach oben ragen, wie eine Pommesgabel oder Hörner 🤟. Sie wird bei uns schnell als genuine Rock-Geste gesehen, die in der Metalszene gern verwendet wird. Aber auf den Daumen kommt es an. Ist der nämlich ausgeklappt, sind wir in anderen Kulturen auf einmal in ganz anderen Bedeutungssphären unterwegs.
Denn bei dem Zeichen handelt es sich zum Beispiel um das „Ich-liebe-dich“-Zeichen aus der US-amerikanischen Gebärdensprache. In Italien dagegen wird Liebesglück beim gleichen Zeichen ganz schnell Liebesfrust. Denn hier wird die Geste eher verwendet, um auszudrücken, dass jemand von seinem Partner betrogen wird („Fare la corna“ heißt auf Deutsch „jemandem Hörner aufsetzen“).
Ähnlich vorsichtig sollte man auch mit dem interkulturellen Gebrauch der OK-Geste sein. In vielen Ländern ist sie nämlich überhaupt nicht okay, sondern eine Beleidigung, ähnlich dem gestreckten Mittelfinger bei uns.
Ein Gesicht spricht Bände
Noch verwirrender wird das Ganze, wenn wir zu den Gesichtsausdrücken übergehen. Hier ist die Herkunft der Emojis von besonderer Bedeutung. Erstmals wurden sie nämlich vom japanischen Interface-Designer Shigetaka Kurita entworfen. Sie sind stark vom japanischen Mangastil beeinflusst. Auch ihr Name ist übrigens japanisch: Er setzt sich zusammen aus den japanischen Schriftzeichen für „e“ (Bild), „mon“ (Ausdruck) und „ji“ (Buchstabe).
Ein Beispiel der japanischen Eigenarten: Der Emoji mit einem großen Tropfen neben der Nase 😪 wird hierzulande oft einfach als Rotznase oder Verschnupft-Sein verstanden. Im Mangastil aber wird so ein schläfriges Gesicht dargestellt. Besonders frappierend ist der Bedeutungsunterschied bei der Katze mit großen weißen Augen, aufgerissenem Mund und in die Wangen gestützten Pfoten: 🙀. Im deutschen Sprachraum wird sie gerne verwendet, um Schock oder große Überraschung auszudrücken. Ihre japanische Originalbedeutung ist allerdings: Müdigkeit.
False Emoji Friends
Aber nicht nur die Bedeutung von Gesichtsausdrücken und Gesten ist kulturell unterschiedlich. Auch andere Symbole werden je nach Kultur, Religion, Sprache und Umwelt völlig unterschiedlich verwendet. Die Unterschiede zwischen westlichen Ländern mit christlich-jüdischer Prägung und asiatischen Ländern sind hier besonders deutlich. Ein spannendes Beispiel ist das Symbol des Engels 😇. Hierzulande traditionell Boten Gottes und guter Nachrichten, sind sie in Chatnachrichten hauptsächlich positiv behaftet und symbolisieren zum Beispiel Unschuld. In China dagegen sollte man damit vorsichtiger umgehen. Dort stehen Engel für den Tod oder werden benutzt, um jemandem Angst zu machen.
Neben dem Auberginen-Icon, das in der westlichen Welt vor allem unter Jugendlichen für nicht ganz so jugendfreie Dinge steht – in Japan aber ein Symbol für großes Glück ist, fanden wir das häufig missverstandene Hotel-Emoji recht amüsant: Es wird in westlichen Kulturen oft als Krankenhaus-Symbol verwendet. Vermutlich weil es sich um ein Gebäude mit einem großen „H“ wie Hospital und einem Herz (Symbol für Leben, Gesundheit) handelt: 🏩. Die weniger rühmliche Originalbedeutung: Es handelt sich um ein Stundenhotel. Damit deutet man zum Beispiel den zweifelhaften Ruf eines Hauses an. Für eher asiatisch geprägte Leser bekommt dann ein unschuldiger Urlaubspost wie „Nach kurzem Aufenthalt wieder vollständig regeneriert und total gesund 🏩“ eine etwas pikante Richtung.
Kulturschock vermeiden
Kultureller Kontext ist bei Kommunikation also entscheidend. Wir bemerken das in unserem Agentur-Alltag zum Beispiel deutlich bei Lokalisierungen: Weil eben in unterschiedlichen Ländern unterschiedlich kommuniziert wird, sind schlichte wortwörtliche Übersetzungen für die professionelle Kommunikation einfach zu wenig. Auch Bilder können unter Umständen unpassend sein. Zum Beispiel wird ein Bild von jemandem, der die OK-Geste mit Daumen und Zeigefinger macht, als Teil einer Kampagne nicht in jedem Land der Erde gleich gut funktionieren. Wer optimal verstanden werden will, muss wissen, wie sein Gegenüber tickt und das schließt den kulturellen Hintergrund mit seinen ganz eigenen Symbolen mit ein.
Und was die tägliche Social-Media-Nutzung angeht: Augen auf bei der Emoji-Wahl. Je nachdem, wen wir adressieren, kann unsere Message ganz anders verstanden werden als geplant. Im Zweifel kann man ja auch mal wieder einfach ausformulieren, was man sagen möchte … 😉