Abnehm-Spritzen: Hohe Nachfrage führt zu Flut an Fälschungen

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Vor dem Hintergrund der hohen Nachfrage zeichnet sich ein rasanter Anstieg von gefälschten Medikamenten zur Gewichtsabnahme ab. In Europa sorgen vor allem Fälschungen des Ozempic‑Pens von Novo Nordisk für Schlagzeilen. Hunderte der Plagiate tauchen auch in Deutschland auf.

Die starke Nachfrage nach neuartigen Medikamenten zur Gewichtsreduzierung bringt offenbar einen weltweiten Anstieg von gefälschten Abnehm‑Arzneimitteln mit sich. Das geht aus mehreren Interviews hervor, die Reuters unter anderem mit Vertretern von Strafverfolgungs- und Gesundheitsbehörden geführt hat. Betroffen seien etwa Medikamente mit dem Wirkstoff Semaglutid von Novo Nordisk – der unter den Handelsnamen Ozempic und Wegovy vertrieben wird – sowie beispielsweise Mounjaro des US‑Herstellers Eli Lilly.

In Europa stehe Ozempic dabei besonders im Fokus, so ein Europol-Mitarbeiter dem Reuters-Bericht zufolge. Gefälschte Medikamente zur Gewichtsreduzierung würden demzufolge auch ein Schwerpunkt im nächsten Europol-Bericht zu nachgemachten Pharmazeutika werden, der nächstes Jahr erscheinen soll. Gefälschte Ozempic‑Medikamente seien laut Reuters schon in mindestens 14 Ländern aufgefunden worden, unter anderem in Ägypten, Deutschland und dem Vereinigten Königreich.

Nach Recherchen von NDR, WDR und Süddeutscher Zeitung sei aktuell der Verbleib von über 1.000 mutmaßlich gefälschten Ozempic‑Spritzen unbekannt. Das gehe aus Mitteilungen der europäischen Working Group of Enforcement Officers (WGEO) hervor, einer Arbeitsgruppe, in der sich Arzneimittelbehörden wie das deutsche Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) abstimmten.

Im Fokus des Falls stehe unter anderem der Großhändler Pharma Medtec aus dem baden‑württembergischen Lörrach, der laut Medienberichten Hunderte gefälschter Ozempic‑Pens gekauft haben soll. Die Fälschungen geliefert haben soll demzufolge die Firma AZ Naturemed aus Österreich, die zudem vermutlich auch gefälschte Abnehm‑Spritzen an einen britischen Großhändler verkauft haben soll. AZ Naturemed selbst wiederum habe die gefälschten Ozempic‑Pens mutmaßlich von der Firma ILTS‑Forwarding aus Neuss in Nordrhein‑Westfalen bezogen. Diese wird verdächtigt, die Fälschungen von einer türkischen Firma gekauft und dann zumindest teilweise weitervertrieben zu haben. Anfang November führten Polizeibeamte bei ILTS-Forwarding eine Durchsuchung durch.

Das BfArM veröffentlicht seit Oktober regelmäßig Informationen zu aktuellen Entwicklungen rund um gefälschte Ozempic-Pens. Als besonders gefährlich sieht die Behörde, dass in den in Lörrach gekauften Ozempic-Plagiate statt des Wirkstoffs Semaglutid in Wirklichkeit Insulin enthalten gewesen sein soll. Wenn sich Personen ohne medizinischen Grund Insulin spritzen, könne dies lebensgefährlich sein.

Das BfArM informiert auch dazu, wie Originale von möglichen Fälschungen unterschieden werden können. Neben Vergleichsbildern von Originalen und Plagiaten stellt das BfArM auch eine Beschreibung von Merkmalen zur Verfügung, die Betroffene prüfen könnten. Zudem hat der Originalhersteller Novo Nordisk entsprechende Informationen veröffentlicht. Das BfArM bittet außerdem Apotheken, jede Verpackung auf ihre Echtheit zu prüfen. Dazu sollen sie zum einen die Produkte mit den Bildern und beschriebenen Merkmalen vergleichen – und sie zum anderen mit dem Sicherheitssystem securPharm überprüfen.

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