EuGH: Privatperson kann für Fälschungshandel strafbar sein

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In einem aktuellen Fall entscheidet ein Gericht in Finnland, ob eine Privatperson illegal die IP-Rechte von Schaeffler verletzte. Grundlage ist ein weitreichendes Urteil des EuGH, wonach sich auch Privatpersonen strafbar machen können, wenn sie Fälschungen annehmen und lagern.

In einem möglicherweise weitreichenden Urteil entscheid der Europäischen Gerichtshofs (EuGH) vor Kurzem, dass sich auch Privatpersonen an Markenrechtsverstößen schuldig machen können – und zwar dann, wenn sie als Zwischenhändler für Fälschungen agieren, die für die kommerzielle Nutzung bestimmt sind. So entschied der EuGH im Mai 2020 in einem Rechtsstreit, den das deutsche Unternehmen Schaeffler Technologies im Jahr 2011 gemeinsam mit dem IP-Schutz-Unternehmen Kolster in Finnland angestoßen hatte. Nun muss ein finnisches Gericht entscheiden, ob die beklagte Privatperson für die Verletzung der Markenrechte von Schaeffler in Finnland haftbar gemacht werden kann.

Anlass der rechtlichen Schritte von Schaeffler war eine Beschlagnahmung von 150 gefälschten Kugellagern durch den finnischen Zoll im Jahr 2011. Die Fälschungen, die aus China stammten, wurden von einer Privatperson in Finnland angenommen und auf einem Privatgrundstück gelagert. Von dort wurden die nachgemachten Kugellager in kleinen Mengen abgeholt und nach Russland weiter transportiert. Schaeffler hatte versucht, die Vernichtung der Plagiate zu erwirken; jedoch gelangten die Plagiate in den Markt, weil Privatpersonen nach damaliger Rechtsauffassung nur dann für Verletzungen des geistigen Eigentums haftbar gemacht werden konnten, wenn sie diese als privater Händler oder gewerblich tätige Person begingen. Der damalige Fall sei ein klassisches Beispiel einer Lieferkette für gefälschte Kugellager gewesen, so Kolster. Fälscher nutzten in solchen Fällen oft die Immunität von Privatpersonen als Schlupfloch für den Transport von Fälschungen.

Schaeffler leitete rechtliche Schritte ein, nachdem sie vom Weitertransport der Fälschungen nach Russland erfahren hatten. „Obwohl die Verbreitung von Fälschungen in unserer Branche nicht so hoch ist wie beispielsweise bei Luxusgütern, haben wir beschlossen, gemeinsam mit Kolster rechtliche Schritte einzuleiten. Schon ein einziges gefälschtes Kugellager kann bei Verwendung gefährlich sein”, so Schaefflers Rechtsanwältin Ingrid Bichelmeir-Böhn. Der EuGH entschied schließlich dieses Jahr, dass sich auch Privatpersonen strafbar machen können, wenn sie als Zwischenhändler in kommerziellen Lieferketten von Fälschungen aktiv sind.

Als sie das Gerichtsverfahren angestrengt hatten, hatten Schaeffler und Kolster nicht auf eine solche Entscheidung des EuGH spekuliert; vielmehr hatten sie argumentiert, dass der Angeklagte gar nicht als Privatperson agierte habe. Das Ergebnis loben sie nun als klaren Fortschritt im Kampf gegen Fälschungen. „Die Entscheidung des EuGH ist weitreichend, da sie für alle nationalen Gerichte der EU-Mitgliedsstaaten bindend ist. Aus Sicht Finnlands können wir mit dem neuen Urteil dazu beitragen, zu verhindern, dass Finnland als Transitland für gefälschte Waren genutzt wird“, so Jani Kaulo, der bei Kolster für den Prozess zuständige Anwalt. Auch Schaeffler lobt die Entscheidung als „echter Fortschritt für alle, die illegale Geschäfte bekämpfen“, so Bichelmeir-Böhn.

Quelle: Kolster

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