Fälscher setzen auf chinesische Banken

Händler von Fälschungen und Plagiaten setzen vorwiegend auf die Dienstleistungen global präsenter Finanzhäuser aus China, so eine aktuelle Hintergrundrecherche der Associated Press. Die Auswirkungen für den Kampf gegen Fälschungen sind enorm.

Weltweit führende, chinesische Bankhäuser nehmen eine Schlüsselrolle im Geschäft mit Plagiaten und Fälschungen ein. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Recherche von The Associated Press. Fälscher, die beispielsweise für Online-Verkäufe ihrer Piraterie-Waren auf Kreditkartenzahlung oder PayPal setzen, transferierten illegale Einnahmen in Millionenhöhe ins Reich der Mitte – Versuche europäischer oder amerikanischer Firmen, der Spur des Geldes zu folgen, stießen in China allerdings auf eine große Mauer des Schweigens.

Die Journalisten der Associated Press werteten für ihren Hintergrundbericht hunderte Seiten Gerichtsdokumente aus den USA und China sowie zahlreiche Interviews aus. Insbesondere die großen staatlichen Banken Bank of China (BOC) und Industrial and Commercial Bank of China (ICBC) sowie die kleinere China Merchants Bank tauchen immer wieder auf. Die Banken, die alle auch in den USA präsent sind, streiten bei US-Gerichtsverfahren gar nicht ab, dass Fälscher große Konten bei ihnen halten; allerdings weigern sie sich unter Berufung auf chinesische Gesetze zum Bankgeheimnis, Informationen herauszugeben oder Gelder einzufrieren. Neben der Klage vor US-Gerichten haben Firmen auch die Möglichkeit, vor chinesischen Gerichten oder nach dem Haager Abkommen vorzugehen, was jedoch oft als nicht erfolgsversprechend und mühsam kritisiert wird. Die Eröffnung neuer IP-Sondergerichte in China (wir berichteten) soll nun zeigen, dass es die Regierung in Peking im Kampf gegen Fälschungen ernst meint.

Wie wichtig die Kooperation mit den Banken im Kampf gegen Produkt- und Markenpiraterie wäre, veranschaulichen Fälle wie der eines Fälscherrings, der nachgemachte Blutzuckertests für Diabetes-Patienten in den USA vertrieb. Die nachgemachten Tests, die an hunderte Apotheken versandt wurden, können laut US-Arzneimittelbehöre FDA zu schweren Verletzungen oder gar zum Tod führen. Die skrupellosen Fälscher konnten schließlich auch dank Bankdaten aus Shanghai überführt werden.

Besonders wichtig werden solche Bankdaten, seitdem sich der Vertrieb von Fälschungen mehr und mehr ins Internet verlagert. Die Fälscher verschicken ihre illegalen Waren in kleinen Paketen und bauen komplexe logistische und finanzielle Strukturen auf, die nur schwer zu durchdringen sind. Das US-Schmuckunternehmen Tiffany & Co. beispielsweise hat es in einem aktuellen Fall mit Webseiten zu tun, die in Dänemark, Lettland, Zypern, Großbritannien und Hong Kong registriert sind; die mutmaßlichen Hintermänner in dem Fall umfassen eine Person mit Adressen in zwei verschiedenen Ländern sowie sechs chinesische und einen russischen Staatsangehörigen ohne bekannte Adresse; Kreditkartenzahlungen wurden durch verschiedene lettische und chinesische Banken abgewickelt.

Robert Barchiesi, Präsident der International Anti-Counterfeiting Coalition, geht davon aus, dass sich das Ausmaß der Piraterie drastisch reduzieren würde, wären die chinesischen Banken bereit, die etwa von Visa oder MasterCard geforderte Due Dilligence im Piraterie-Bereich umzusetzen. Die chinesischen Banken wiederum sehen sich zwischen widersprüchlichen Anforderungen gefangen: Die BOC beklagt in einem E-Mail-Statement eine „unmögliche Position“, in der sie von US-Gerichten aufgefordert wird, Gelder einzufrieren oder Bankdaten weiterzugeben, während chinesische Gesetze genau das verbieten würden. Die ICBC, die nach Börsenwert größte Bank der Welt, betont, sie sei bereit, im legalen Rahmen umfassend gegen Piraterie vorzugehen. „Wir sind entschieden gegen das Herstellen oder den Verkauf nachgemachter Waren“, so die ICBC per E-Mail.

Quellen: The Associated Press, Star Tribune

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