Studie: Kleinere Firmen leiden oft stark unter Produktpiraterie

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Eine neue Analyse von EUIPO und OECD zeigt, dass Fälschungen gravierende Folgen für kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) haben können. Viele KMU jedoch setzen ihre Schutzrechte nicht durch – und das oft aus einem wichtigen Grund.

Produktpiraterie kann für kleine und mittlere Unternehmen (KMUs) vergleichsweise häufig sogar existenzbedrohende Folgen haben: Wenn das geistige Eigentum von KMUs verletzt wird, ist die Wahrscheinlichkeit, dass die Firmen nach fünf Jahren noch existieren, deutlich geringer (34 %). Das geht aus der aktuellen Studie Risks of Illicit Trade in Counterfeits to Small and Medium-Sized Firms von EUIPO und OECD hervor. Dabei liegt laut den Behörden erstmals der Schwerpunkt einer solchen Forschungsarbeit auf kleineren Unternehmen.

Laut der Studie sind kleinere Firmen durchaus häufig von Verstößen gegen ihre Rechte an geistigem Eigentum betroffen: Insgesamt würden rund 15 % der KMU, die IP-Rechte besitzen, unter Schutzrechtsverletzungen leiden. Bei innovativen KMU steige der Wert sogar auf annähernd 20 %. Die Dunkelziffer könnte dabei allerdings noch deutlich höher sein: Denn rund 40 % der KMU räumen ein, dass sie nicht aktiv Ausschau nach möglichen Schutzrechtsverletzungen auf ihren Märkten halten. Ein großer Teil der kleineren Unternehmen verlässt sich also anscheinend auf zufällige Informationen zu möglichen IP-Rechtsverletzungen, wie etwa Feedback von Kunden oder Geschäftspartnern, so die Studie.

Der Schaden durch Produktpiraterie und Markenpiraterie kann für KMU dabei schwerwiegend sein. Die Studie nennt etwa Umsatzverlust, die Schädigung der eigenen Reputation und den Verlust von Wettbewerbsvorteilen als wichtige Auswirkungen von Plagiaten auf KMU. Zudem würden kleinere Firmen oft nicht über die notwendigen Ressourcen verfügen, um die durch Plagiate verursachten wirtschaftlichen Schäden zu kompensieren – IP-Rechtsverletzungen könnten für KMU daher tendenziell gefährlicher sein als für große Unternehmen.

KMU könnten aber auch aus einem weiteren Grund im Kampf gegen Fälscher schnell ins Hintertreffen geraten, so die Analyse. Denn auch wenn Fälschungen aufgedeckt werden, haben KMUs oft Probleme, sich dagegen zu wehren. Entsprechende Verfahren würden viele KMUs als zu langwierig, zu komplex und zu kostspielig einschätzen, so der Bericht. Weitere Herausforderungen für KMU bestünden darin, Schutzrechte auch in anderen Märkten, wie zum Beispiel China, zu halten. Zudem hätten KMU oft nicht die Ressourcen, um effektive Maßnahmen gegen Nachahmer zu ergreifen.

Fälscher nehmen laut der Studie alle Arten von Waren ins Visier, die von KMUs hergestellt werden. Am häufigsten nachgemacht würden dabei Waren aus den Bereichen Elektronik, Bekleidung, Parfüm/Kosmetika und Spielzeug, hergestellt werden die Plagiate meist in China und Hongkong. Vor allem über das Internet werden die Plagiate dann oft verbreitet: Rund die Hälfte aller beschlagnahmten Plagiate von KMU-Produkten, die in die EU geliefert werden sollten, waren online erworben worden.

// Diese bahnbrechende Studie bestätigt, dass innovative KMU stärker durch Fälschungen gefährdet sind. Diese Unternehmen – die hoffentlich die Arbeitsplätze und den Wohlstand der Zukunft schaffen werden – sind diejenigen, deren Überlebenschancen aufgrund eines solchen unlauteren und illegalen Wettbewerbs durch Fälscher und andere Verletzer von Rechten des geistigen Eigentums gefährdet werden.
Christian Archambeau, Exekutivdirektor des EUIPO

Die Untersuchung betont daneben auch die hohe Bedeutung von kleineren Unternehmen für die Wirtschaft in Europa und in den Mitgliedsländern der OECD. Hier würden KMUs die Mehrheit der Unternehmen stellen und für zwei Drittel der Arbeitsplätze sorgen.

Die KMU-Studie wurde Anfang des Jahres veröffentlicht durch das Amt der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) und die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD). Die Analyse verwendet Daten von Zollbeschlagnahmungen der Europäischen Kommission, der Weltzollorganisation (WCO) und des US-Ministeriums für innere Sicherheit (Department of Homeland Security). Diese Informationen werden kombiniert mit Daten des KMU-Barometers für geistiges Eigentum des EUIPO und aus der ORBIS-Datenbank europäischer Unternehmen.


Quelle: EUIPO

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