Milliardenschwerer IT-Fälscherring aufgedeckt

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Mit einem ausgeklügelten Netz aus zig Scheinunternehmen und Online Accounts soll ein mutmaßlicher Betrüger jahrelang gefälschte Cisco-Produkte verkauft haben, oft auch an öffentliche Auftraggeber. US-Behörden veröffentlichten jetzt Details zur Anklage in dem Fall – und interessante Einblicke zum angeblichen Vorgehen des Fälschers.

Mit einem Gerichtsverfahren zu insgesamt elf Anklagepunkten sieht sich jetzt ein mutmaßlicher Fälscher aus den Vereinigten Staaten konfrontiert. Der im Juli angeklagte Mann aus dem US-Bundesstaat Florida soll demnach jahrelang gefälschte IT‑Hardware des bekannten US‑Herstellers Cisco Systems vertrieben haben, sowohl in den USA als auch darüber hinaus. Den Wert der von ihm möglicherweise insgesamt vertriebenen Fälschungen schätzen die Behörden auf über eine Milliarde US‑Dollar. Und der Gewinn, den der 38‑jährige Angeklagte und seine mutmaßlichen Komplizen dabei vermutlich gemacht haben sollen, soll sich laut Behördenschätzungen auf mehr als 100 Millionen US‑Dollar belaufen.

Wie aus Informationen des Justizministeriums hervorgeht, soll der Verdächtige über Jahre hinweg Zehntausende illegale Waren aus China und Hongkong importiert haben. Oftmals handelte es sich dabei vermutlich um ältere Netzwerk-Hardware schlechterer Bauart, die teilweise auch gebraucht und bereits entsorgt worden war. Vor dem Import wurden die Plagiate mutmaßlich so aufbereitet, dass sie wie aktuelle, hochwertigere und neue Produkte des US‑Herstellers Cisco Systems aussahen. Zudem nutzten die Fälscher in China oft mutmaßlich sowohl raubkopierte Cisco-Software wie auch weitere, oft minderwertige Komponenten, etwa um damit Anti-Fälschungs-Vorkehrungen von Cisco Systems zu umgehen. Schließlich wurden die Plagiate in China vermutlich mit neuen Labels, Dokumenten und einer frischen Verpackung versehen.

In den USA soll der jetzt Angeklagte die gefälschten IT-Produkte dann verkauft haben, über mindestens 19 Scheinunternehmen und 25 Verkaufsaccounts auf Amazon und eBay sowie weitere Unternehmen (von den Behörden unter dem Namen Pro Network Entities zusammengefasst). Mit sehr günstigen Preisen, oft 60 % bis 80 % unter dem Originalpreis, soll er oftmals auch Kunden der öffentlichen Hand mit angeblichen Cisco-Produkten beliefert haben, wie etwa Krankenhäuser, Schulen, Regierungseinrichtungen und das Militär.

Zum Verschleiern seiner illegalen Geschäfte diente dem Angeklagten mutmaßlich auch ein scheinbares Unternehmen in Bolivien. Das soll er genutzt haben, um Seriennummern seiner gefälschten Geräte mit den im Cisco Smart Net Garantieprogramm hinterlegten Nummern abzugleichen – und so eventuelle verräterische Doppelungen zu vermeiden, die seine Produkte als Plagiate hätten enttarnen können.

Im Zeitraum von 2014 bis 2022 hatten US-Zollbeamte der Customs and Border Protection (CBP) laut der Anklage bereits rund 180 Sendungen mit gefälschten Produkten aus China und Hongkong sichergestellt. Um die illegalen Importe vor den CBP-Fahndern zu verbergen, hätten die mutmaßlichen Fälscher die Lieferungen auf mehrere, kleinere Sendungen aufgeteilt und mindestens zwei gefälschte Lieferadressen in Ohio genutzt.

In den Jahren zwischen 2014 und 2019 erhielt der Verdächtige laut Anklageschrift bereits mehrere Unterlassungsaufforderungen von Cisco Systems. Er soll auf zwei dieser Schreiben reagiert haben, indem sein Anwalt gefälschte Dokumente an Cisco gab. Schließlich führten die US‑amerikanischen Behörden im Juli 2021 eine Razzia durch und beschlagnahmten rund 1.200 gefälschte Produkte, mit einem geschätzten Gesamtwert von mehr als sieben Millionen US‑Dollar.

Erneut diskutiert wird in dem Zusammenhang auch die mögliche Mitwisserschaft und Verantwortung von Online-Marktplätzen wie Amazon, die offenbar zum Verkauf der Fälschungen genutzt wurden. So stellt beispielsweise das amerikanische Fachmedium Loss Prevention Magazin die Frage, inwiefern Amazon von den illegalen Geschäften gewusst habe. Das Magazin fragt etwa auch, ob Amazon bezahlt wurde, damit die Fälschungen in den Suchergebnissen höher als Originalprodukte gelistet wurden; oder wie viel Amazon beim Verkauf der Fälschungen verdient habe.

Zuvor hatte der IT-Hersteller Cisco Systems bekannt gegeben, den Kampf gegen Graumarkt-Produkte und Plagiate intensivieren zu wollen. Diese Ankündigung machte der Konzern auf seinem Cisco Partner Summit 2019, kurz nachdem eine neue Studie festgestellt hatte, dass der illegale Handel mit IT-Produkten weiter wachsen dürfte. Amazon wiederum hat vor Kurzem seinen jährlichen Brand Protection Report für 2021 veröffentlicht, demzufolge der Online-Riese Hunderte Millionen in Markenschutz investiert.

Quellen: US Department of Justice, Loss Prevention Magazine, TechTarget

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