Recherche zeigt, wie Piraterie Terrorismus finanziert

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Laut einer neuen Recherche des Bayerischen Rundfunks nutzen zahlreiche terroristische Gruppierungen den Handel mit Produktfälschungen zur Finanzierung ihrer Aktivitäten. Beihilfe erhalten die Terroristen dabei oft von ahnungslosen Touristen.

In zahlreichen beliebten Urlaubszielen locken Händler ausländische Touristen mit einer Vielzahl an Fälschungen beliebter Markenprodukte, wie etwa Turnschuhen, Handtaschen und Sonnenbrillen. Den Käufern ist oft jedoch nicht bewusst, dass sie so womöglich kriminelle oder sogar terroristische Netzwerke unterstützen, wie jetzt die interaktive Grafik zur neuen Recherche des Bayerischen Rundfunks (BR) eindringlich aufzeigt.

Verfolgt man die Herkunft der illegalen Imitate zurück, so der BR, fänden sich Verbindungen zu verschiedenen Terrornetzwerken wie zum Beispiel Al Qaida, Hamas, Hisbollah oder auch dem sogenannten Islamischen Staat. Auch die Verantwortlichen hinter Anschlägen in Europa sollen sich durch Produktpiraterie finanziert haben. So hätten beispielsweise zwei der Männer, die im vergangenen Jahr das Attentat auf die Redaktion von Charlie Hebdo und einen koscheren Supermarkt in Paris verübten, gefälschte Markensportschuhe und geschmuggelte Zigaretten verkauft. Und im Juli beispielsweise berichtete die spanische Policía Nacional, dass Personen auf den offiziellen Terrorlisten unter kürzlich verhafteten Piraterie-Händlern seien.

In der Recherche des BR sind dutzende Piraterie- und Schmuggel-Fälle verzeichnet, die einen Bezug zu Terroristen hätten. Insgesamt sollen rund 95 Prozent der Täter der jüngsten Anschläge in Europa einen kriminellen Hintergrund gehabt haben, so die Einschätzung der US-Terrorexpertin Louise Shelley für den BR. Für Terroristen sei der Handel mit illegalen Produkten auf Grund der potenziell hohen Gewinne bei verhältnismäßig geringem Risiko so attraktiv. „Man kann damit sehr leicht Margen erreichen von fünf oder zehn Mal so viel. Und das Ausgangsmaterial steht ja zur Verfügung. Bekleidung, Zigaretten, der Schmuggel. Das alles existiert“, erklärt Jean-Charles Brisard vom Terrorismusforschungsinstitut CAT in Paris.

Dementsprechend wichtig sei es, die Zusammenhänge zwischen Produktpiraterie und internationalem Terrorismus öffentlich zu machen, bestätigt ein Informant des BR, der die internationalen Piraterie- und Schmugglernetzwerke gut kenne. Dass Urlaubsreisende, „die mal eine billige Packung gefälschter Kippen oder gefälschte Nike-Turnschuhe kaufen, Terroristen damit unterstützen, ist perfide“, kommentiert der Informant die Situation.

Für ihre interaktive Grafik zum Thema Produktpiraterie und Terrorfinanzierung untersuchten BR und ARD unter anderem zahlreiche Gerichtsdokumente, Polizeiberichte und wissenschaftliche Studien. Vor kurzem hatte auch ein Bericht der französischen Union des Fabricants (UNIFAB) eindringlich den Zusammenhang von Produktpiraterie und Terrorismus geschildert (wir berichteten).

Quelle: Bayerischer Rundfunk

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