ZDF-Bericht liefert Einblicke in den Fälschungsmarkt

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Das Wirtschaftsmagazin WISO des ZDF nimmt Produktion, Vertrieb und Bekämpfung gefälschter Produkte unter die Lupe. Experten aus Wirtschaft und Behörden und ein Insider im Fälschungshandel geben interessante Details zu einem oft verborgenen Bereich preis.

Neben Interviews mit Influencern und Konsumenten, Zoll und Polizei sowie Markenschützern und Herstellern bietet die im Oktober veröffentlichte TV-Dokumentation aufschlussreiche Schilderungen eines Insiders. Der anonyme Informant beschreibt, wie Betrüger oftmals Produktion und Vertrieb gefälschter Waren aufziehen, um möglichst nicht belangt werden zu können. Dazu gehöre zum Beispiel, dass sie die Lagerbestände an gefälschten Waren in den Fabriken möglichst klein halten würden, so dass im Falle einer Razzia nur wenige Plagiate auffindbar seien.

Der Insider berichtet etwa aus dem Geschäft mit nachgemachten Schuhen und merkt beispielsweise an, dass weitere Produktionsverlagerungen teilweise auch eine Gefahr für Markenhersteller mit sich bringen könnten: Falls eine Fertigung aus China in andere asiatische Länder mit noch niedrigerem Lohnniveau verlegt würde, könnten ehemalige Markenfabrikanten in China ihr Know-how nutzen, um selbstständig Nachahmungen zu produzieren. Viele nachgemachte Schuhe stammten laut dem Insider mittlerweile aus modernen Fabriken und seien seiner Einschätzung nach ähnlich gut wie die Originale.

Neben großen Fabriken bedienten sich Fälscher oftmals auch kleiner Hinterhofwerkstätten, so die Erfahrung von Serhyi Jewtymowycz vom Automobilhersteller Audi. Der Markenschützer, der auch die Risiken gefälschter Waren schildert, versuche mit Testkäufen, die Hersteller und Hintermänner des illegalen Business zu identifizieren. Videoausschnitte zeigten, wie Markenschützer von Audi schließlich mit chinesischen Behörden eine Razzia in einer solchen Fälscherwerkstatt durchführten. Pro Jahr verzeichne Audi laut eigenen Angaben weltweit rund 200 Anti-Fälschungs-Razzien, so der TV-Bericht; der Wert der dabei beschlagnahmten Fälschungen wird mit rund 100 Millionen Euro beziffert.

Dass auch Unternehmen, die konsequent lokal produzieren, anscheinend nicht vor Plagiaten aus China gefeit sind, zeigt WISO am Beispiel der Firma koziol. Das Unternehmen aus Hessen entwickelt ausgefeilte Alltagsgegenstände in smartem Design und produziere ausschließlich in Deutschland. Im Interview beklagt Geschäftsführer Stefan Koziol dennoch immense Verluste und berichtet von einem Marktanteil der Fälschungen von bis zu 90 %, je nach Produkt. Besonders bitter sei es, wenn die originalen Designartikel von Plagiaten quasi aus dem Markt gedrängt würden.

Von Problemen mit Plagiaten berichtet auch die Firma Wibit, ein Hersteller aufblasbarer Wasserspielplatz-Module aus Nordrhein-Westfalen. Für Wibit habe sich demnach im Kampf gegen derlei illegale Konkurrenz eine Methode besonders bewährt: Wibit kontaktiere Abnehmer von Plagiaten und versuche, diese zum Umdenken zu bewegen. Dem Unternehmen gelingt es nach eigenen Angaben dadurch häufig, Nutzer von Fälschungen mit gezielter Kommunikation gegen Produktpiraterie zum Kauf eines Originals zu bewegen.

Zur Optimierung der staatlichen Fälschungsbekämpfung fordert der auf das Thema spezialisierte Kriminaloberkommissar Fédéric Dangelser vom Polizeipräsidium Mittelhessen in Frankfurt am Main eine bessere Vernetzung der Behörden in Deutschland. So ende die Zuständigkeit der einzelnen Fachkommissariate beispielsweise spätestens an den Grenzen der deutschen Bundesländer, und die Polizeibehörden der einzelnen Länder seien nicht optimal vernetzt. Dangelser wünsche sich stattdessen eine gemeinsame Ermittlungsgruppe zusammen mit dem Zoll, ähnlich wie sie in der Bekämpfung von Drogenkriminalität üblich sei. Ein weiteres Problem vermute der Fahnder darin, dass die Strafen für Fälschungshandel oft gering ausfallen würden.

Anhand einer alarmierenden, europaweiten Studie des EUIPO zeigt die WISO-Reportage auch, dass knapp zwei von fünf Konsumenten zwischen 15 und 24 Jahren aus Kostengründen ganz bewusst einmalig oder wiederholt zu Fälschungen greifen. Und zudem gingen Influencer und Online-Shops verstärkt mit Fälschungen direkt auf potenzielle Kunden zu, um diese zum Kauf zu animieren.

Die WISO-Reportage ‚Die Fake-Falle‘ ist in der ZDF-Mediathek verfügbar. Vor wenigen Jahren hatte bereits eine ähnliche Reportage von ARD, NDR und Zeit für Aufsehen gesorgt.

Quelle: ZDF

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