Amazon stellt Bilanz seiner Counterfeit Crimes Unit vor

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Ein Jahr nach dem Start von Amazons Counterfeit Crimes Unit berichtet der E-Commerce-Riese über Erfolge gegen Fälschungen – und fordert ein effektiveres Vorgehen von Behörden und Wirtschaft. Die Kritik von Wirtschaftsvertretern an dem Online-Händler hält allerdings an.

Allein im Jahr 2020 investierte Amazon laut eigener Angaben über 700 Millionen US-Dollar (rund 602 Millionen Euro), um gegen Fälschungen, Betrug und Missbrauch auf seiner Plattform vorzugehen. Der Konzern würde dafür mehr als 10.000 Mitarbeiter einsetzen und sowohl auf automatisierte Kontrollen via maschinellem Lernen als auch auf Checks durch erfahrene Ermittler zurückgreifen, um sicherzustellen, dass möglichst nur Originale verkauft werden. Als Resultat würden, so der Online-Händler, weniger als 0,01 Prozent der auf Amazon verkauften Produkte im vergangenen Jahr von einem Kunden als mögliche Fälschung beanstandet.

Nachdem Amazon letztes Jahr seine Counterfeit Crimes Unit (CCU) an den Start brachte, in der erfahrene Ermittler und Datenanalysten zusammenarbeiten, zieht es nun eine Bilanz zur Arbeit der Einheit: So hat die CCU laut Angaben des Konzerns mehr als 250 detaillierte Hinweise an Strafverfolgungsbehörden in den USA, der EU sowie im Vereinigten Königreich und in China übermittelt. Zudem wurden 64 Zivilverfahren gegen Fälscher in den USA angestrengt und eng mit Behörden sowie mit Marken wie Asmodee, Valentino oder GoPro zusammengearbeitet – teils auch in gemeinsamen Gerichtsverfahren mit Markeninhabern.

In einem aktuellen veröffentlichten Amazon-Whitepaper argumentiert der Konzern, der sich häufig mit dem Vorwurf mangelnden Engagements im Kampf gegen Fälschungen konfrontiert sieht, nun zudem, dass auch andere Akteure mehr gegen Produktpiraterie tun müssten. Erforderlich seien demnach eine bessere Kommunikation und Koordination, sowohl zwischen Unternehmen als auch zwischen Wirtschaft und Behörden. Auch umfangreichere Mittel für die Strafverfolgungsbehörden werden gefordert, damit diese effektiver gegen Fälscher vorgehen könnten.

Basierend auf einer aktuell veröffentlichten Studie warnt der amerikanische Wirtschaftsverband Buy Safe America Coalition derweil, dass Online-Marktplätze für Dritthändler, wie etwa Amazon Marketplace, den Markt mit Plagiaten fluten würden. „Täuschen Sie sich nicht, Amazon lässt Kriminelle mit gefährlichen Fälschungen und gestohlenen Waren auf seiner Plattform ihren Lebensunterhalt verdienen“, sagte Michael Hanson, Sprecher der Buy Safe America Coalition, laut einer weiteren aktuellen Meldung des Verbands. Amazon verwies dagegen darauf, dass die Studie vom stationären Einzelhandel mitfinanziert wurde, die Online-Marktplätze als Bedrohung sehen würden.

Aufsehen erregt zur Zeit zudem der Vorwurf, dass kleinere Anbieter durch Amazon weniger stark geschützt würden als bekannte Marken wie etwa Adidas, Apple oder Amazon selbst. Während große Marken von den digitalen Schutzmechanismen profitierten, hätten weniger bekannte Marken keinen solchen Schutz, so Medienberichte. Erwähnt wird dabei der kleinere Hersteller SnugglyCat, der in den USA Katzenspielzeug vertreibt: Fred Ruckel, Erfinder des Katzenspielzeugs, bemerkte demnach vor einigen Monaten zahlreiche Fälschungen seines Produktes auf Amazon. Da Amazon identische Produkte auf einer Produktseite zusammenfasst und die Fälscher einen niedrigeren Preis anboten, hätten sie eine bessere Platzierung in der sogenannten Buy Box erhalten – und konnten so das erste Angebot stellen, das der Kunde sieht und am wahrscheinlichsten kauft. Obwohl Amazon die ersten von Ruckel gemeldeten Angebote von der Plattform entfernte, tauchten regelmäßig immer wieder neue Anbieter auf, die Nachahmungen des Produktes verkauften. Mittlerweile hat Ruckel zusätzliche Unterstützung durch Amazon erhalten.

Aktuell werden sowohl in der EU als auch in den USA neue Gesetzesinitiativen für den Online-Handel diskutiert. Die Vorschläge könnten dabei gerade auch wichtige Onlinemarktplätze im Kampf gegen Fälschungen stärker in die Pflicht nehmen. Amazon sah sich für den Handel mit Fälschungen zuletzt immer wieder scharfer Kritik gegenüber – so wurden Anfang des Jahres etwa europäische Amazon-Seiten auf der Notorious-Markets-Negativliste der US-Regierung aufgenommen. Zuvor sorgten Vorwürfe ehemaliger Mitarbeiter für Aufsehen, dass Fälschungsschutz keine Priorität für Amazon hätte.

Quellen: Amazon, Bloomberg, Buy Safe America Coalition, Politico

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