Deutscher Zoll: Massiver Anstieg der Beschlagnahmungen 2021

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Der Deutsche Zoll verzeichnet für das Jahr 2021 erneut einen dramatischen Anstieg der beschlagnahmten Fälschungen. Die Zoll-Jahresbilanz zeigt vor allem einen Boom in bestimmten Branchen – und eine Verschiebung wichtiger Transportwege.

Beamte des Deutschen Zolls beschlagnahmten im vergangenen Jahr insgesamt Fälschungen im Wert von rund 315 Millionen Euro. Das geht aus der Anfang Mai veröffentlichten Zolljahresstatistik 2021 und der Statistik für Gewerblichen Rechtsschutz für das Jahr 2021 hervor, die Bundesfinanzminister Christian Lindner mit der Präsidentin der Generalzolldirektion, Colette Hercher, und dem Präsidenten des Zollkriminalamtes, Dr. Rainer Mellwig, vorstellten. Dies ist ein massiver Anstieg von rund 32 % gegenüber dem Vorjahr. Insgesamt wurden 2021 rund 18,8 Millionen illegal nachgemachte Produkte beschlagnahmt – im Vorjahr waren es noch 3,7 Millionen beschlagnahmte Plagiate. Produkt- und Markenpiraterie seien ein wachsendes Problem, dass durch die Optionen des Online-Handels weiter verstärkt würde, so das Fazit der Generalzolldirektion.

Eine besonders dramatische Zunahme des Beschlagnahmungswertes gab es bei Elektronikartikeln und Computerausrüstung. Hier hat sich der Wert konfiszierter Plagiate sogar beinahe verdreifacht – mit einem alarmierenden Plus von über 180 % auf nun 39,7 Millionen Euro (2020: 14 Millionen Euro). Auch die Menge der beschlagnahmten Elektronikartikel verdoppelte sich nahezu, von rund 255.000 Produkten im Jahr 2020 auf knapp 454.000 Produkte im Jahr 2021. Dieser starke Anstieg wirkt sogar noch erschreckender, wenn man ihn mit dem Wert von 2019 vergleicht: Vor zwei Jahren lag der Wert konfiszierter Fälschungen aus dem Bereich Elektronikartikeln und Computerausrüstung noch bei lediglich 7 Millionen Euro. Auf zwei Jahre gesehen ergibt sich also ein enormer Anstieg von mehr als 460%.

Ein ähnlich starker Anstieg fand etwa auch beim Beschlagnahmungswert im Bereich Bekleidung statt, der von 29 Millionen Euro (2020) auf nun 53 Millionen Euro (2021) hochschnellte. Den insgesamt höchsten Beschlagnahmungswert erreichten allerdings Waren aus der Kategorie persönliches Zubehör: Darunter fallen Produkte wie etwa nachgemachte Sonnenbrillen, Taschen, Uhren und Schmuck, die 2021 für einen Beschlagnahmungswert von rund 142 Millionen Euro standen.

Als Herkunftsland der Plagiate steht erneut China im Fokus: Rund 88 % der durch den Deutschen Zoll beschlagnahmten nachgemachten Artikel stammten aus der Volksrepublik. Auf Platz 2 steht mit Hongkong (rund 6 %) eine chinesische Sonderverwaltungszone, gefolgt von der Türkei mit noch rund 2 % der konfiszierten Plagiate. Auf sonstige Länder entfielen rund 4 %. Betrachtet man dagegen den Beschlagnahmungswert, so ist nun Hongkong das Hauptursprungsland beschlagnahmter Waren (rund 47 %), noch vor China (rund 28 %). Als weiteres relevantes Herkunftsland taucht dann wieder die Türkei auf (rund 7 %), gefolgt von Thailand (rund 4 %), den USA (rund 3 %), Taiwan (rund 2 %), dem Vereinigten Königreich (rund 1,5 %) sowie Nigeria (rund 1 %). Auf die sonstigen Länder entfallen rund 7 % des gesamten Beschlagnahmungswerts.

Herkunftsländer-beschlagnahmter-Waren

Deutlich zugenommen hat im Jahr 2021 erneut der Stellenwert der Seefracht, nachdem der Anteil 2020 zunächst stark zurückgegangen war. Die allermeisten beschlagnahmten Plagiate (rund 86 %) wurden im Seeverkehr konfisziert. Die zweitwichtigste Transportroute für Fälschungen, gemessen an der Anzahl der beschlagnahmten Produkte, waren Luftfrachtsendungen (rund 7 %); die Rolle der Luftfracht ging im Vergleich zum Vorjahr stark zurück, nachdem 2020 noch rund 31 % der beschlagnahmten Waren im Luftverkehr beschlagnahmt worden waren. Betrachtet man hingegen den Beschlagnahmungswertes, so stehen Luftfrachtsendungen mit rund 59 % klar auf Platz 1; auf den Postverkehr entfielen 2021 rund 20 % und auf Seefracht noch rund 14 % des Wertes konfiszierter Fälschungen.

Transportwege-beschlagnahmter-Waren

Beim Blick auf die unterschiedlichen verletzten gewerblichen Schutzrechte fällt auf, dass der bei weitem größte Anteil des Beschlagnahmungswerts auf Verstöße gegen Markenrechte (rund 86 %) entfiel. Mehr als ein Zehntel des Beschlagnahmungswertes (rund 11,9 %) ist dagegen auf Design-Verletzungen zurückzuführen – die Rolle geschützter Designs hat sich dabei im Jahresvergleich fast verdreifacht (2020: rund 4,3 %). Verstöße gegen geschützte geografische Angaben (rund 1,2 %) sowie gegen Urheberrechte, Gebrauchsmuster und andere IP-Rechte wie Patente (zusammen weitere rund 1 %) spielten 2021 eine eher untergeordnete Rolle, wie auch schon in den Vorjahren.

Auch im vergangenen Jahr waren die Zollbeamten aufgrund der Coronavirus-Pandemie unter erschwerten Bedingungen gegen Produkt- und Markenpiraterie im Einsatz. Die Präsidentin der Generalzolldirektion, Colette Hercher, dankte den Beamten daher besonders für ihren Einsatz und lobte, dass die Ergebnisse dem „großem Engagement und Herzblut“ der Beamten zu verdanken seien.

Lob kommt auch aus der Wirtschaft, so bezeichnet der Aktionskreis gegen Produkt- und Markenpiraterie (APM) beispielsweise die Zollbehörden in einer aktuellen Meldung als „einen unverzichtbaren Schutzwall im Kampf gegen Produkt- und Markenpiraterie.“ Zugleich weist der APM auf die Probleme beispielsweise durch den Verkauf illegaler Waren im Internet hin: „Da es sich in der Regel um viele einzelne Pakete handelt, kann der Zoll kaum alle verdächtigen Sendungen kontrollieren“, kommentiert Volker Bartels, Vorsitzender des Aktionskreises. Der APM erhofft sich dabei eine Verbesserung der Lage in Zukunft durch den kommenden Digital Services Act der Europäischen Union.

Quellen: Generalzolldirektion, APM

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