Fälscher produzieren zunehmend in der EU

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Das neue IP-Crime-Assessment von Europol und EUIPO zeigt: Der Markt für Plagiate in der EU boomt und immer mehr Fälscher scheinen innerhalb der EU zu produzieren. Dabei nutzen Banden zunehmend Online-Kanäle und professionalisieren ihr Vorgehen weiter.

Organisierte kriminelle Gruppen produzieren Fälschungen zunehmend innerhalb der Europäischen Union, warnt die aktuelle Bedrohungsanalyse Intellectual Property Crime Threat Assessment 2022 von Europol und EUIPO. Besorgniserregend sei unter anderem etwa der Anstieg illegaler Produktionsstätten für Pharma-Plagiate und eine weiter zunehmende Verlagerung des Fälschungshandels ins Internet.

Fälscher fokussierten sich demnach immer stärker auf digitale Kanäle – sowohl, um Plagiate zu beziehen, als auch um sie zu vertreiben. Diese Tendenz sei auch durch die Covid-19-Panedmie noch zusätzlich verstärkt worden, so der Report. Neben Online-Marktplätzen benutzten Betrüger dazu auch Soziale Medien und Kurznachrichten-Dienste. Das Ausmaß des illegalen Online-Handels wird auch durch die letzte Europol-Operation In Our Sites verdeutlicht, bei der rund eine halbe Millionen Webseiten vom Netz genommen und etwa 22.000 Domains beschlagnahmt wurden.

Zeitgleich mit dem Anstieg des E-Commerce beobachten die Behörden auch eine Zunahme der Fälschungsproduktion in der EU. Noch hätten die meisten der beschlagnahmten Plagiate ihren Ursprung zwar außerhalb der EU, doch die inner-europäische Produktion und der Handel mit Plagiaten auf dem EU-Binnenmarkt sei auf dem Vormarsch. Als ein deutliches Indiz für eine zunehmende Fertigung von Fälschungen innerhalb der EU sehen die Behörden den Anstieg beschlagnahmter Verpackungsmaterialien und Halbfabrikate, also noch nicht vollständig fertiggestellter Waren. Dies zeige, dass die Produktion und der Handel von Plagiaten innerhalb der EU zunehmen.

// Beschlagnahmungen durch Strafverfolgungsbehörden zeigen, dass diese Waren zunehmend innerhalb der EU hergestellt werden, während die Covid-19-Pandemie die Abhängigkeit der Kriminellen von der Online-Welt zur Beschaffung und Verbreitung ihrer illegalen Waren weiter verstärkt hat.

CATHERINE DE BOLLE, EXECUTIVE DIRECTOR VON EUROPOL

Besorgniserregend seien auch die Entwicklungen im Bereich gefälschter Pharma-Produkte: Zwar stammen die meisten Pharma-Plagiate noch aus Ländern außerhalb der EU, vor allem aus China, der Türkei und Vietnam; es sei jedoch auch ein Trend zu erkennen, dass immer mehr illegale Produktionsstätten für Pharma-Plagiate innerhalb der Europäischen Union betrieben werden. Dieser Anstieg sei auch ein Nebeneffekt der Covid-19-Pandemie, so der Report: Während der Pandemie sei die Nachfrage nach Medikamenten, Schutzausrüstung und Gesichtsmasken stark angestiegen – und damit auch nach entsprechenden Plagiaten. Pharma-Plagiate würden mittlerweile fast ausschließlich über das Internet verkauft: über Online-Plattformen, soziale Netzwerke sowie im Dark Web.

Dabei bleiben Pharma-Plagiate nicht die einzigen potenziell gesundheitsgefährdenden Fälschungen – auch gefälschte Kosmetika, Nahrungsmittel, Pestizide und Spielwaren würden boomen. „Dieser neue Bericht zur Bewertung der Bedrohungslage wirft ein neues Licht auf den Umfang, das Ausmaß und die Tendenzen von Fälschungen und Piraterie in der EU sowie auf den Schaden, den sie der Gesundheit der Verbraucher und den rechtmäßigen Unternehmen zufügen können“, so Christian Archambeau, Executive Director des EUIPO.

Eine zunehmende Professionalisierung von Fälscherbanden stand vor einigen Jahren im Fokus der Bedrohungsanalyse von Europol und EUIPO, als diese den Intellectual Property Crime Threat Assessment 2019 veröffentlichten. Der Fälschungsmarkt werde immer mehr von Netzwerken aus der Organisierten Kriminalität dominiert, so ein Fazit der damaligen Analyse.

Quellen: EUIPO, Europol, WTR

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