Industriespionage in Stuttgart und Taipeh

© realstock1 / Fotolia.
In Stuttgart läuft eine Klage gegen vier Ex-Mitarbeiter einer lokalen Firma, die in einen aufsehenerregenden Industriespionage-Fall verwickelt sein sollen. In Taipeh wurden aktuell sechs Personen verhaftet, die Betriebsgeheimnisse eines deutschen Chemiekonzerns verkaufen wollten.

Anklage wegen Industriespionage in Stuttgart
Vier frühere Mitarbeiter des Stuttgarter Metalldruckspezialisten Koenig & Bauer MetalPrint bzw. KBA-MetalPrint stehen aktuell unter Verdacht, sich mit Insiderwissen ein neues Konkurrenzunternehmen aufgebaut zu haben. Vor dem Stuttgarter Landgericht erhob die Staatsanwaltschaft jetzt Anklage wegen des mutmaßlichen Verrats von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen und der unerlaubten Verwertung urheberrechtlich geschützter Werke.

Laut Angaben der Staatsanwaltschaft handelt es sich bei den Beschuldigten um drei ehemalige Bereichsleiter und einen früheren Kundendienst-Mitarbeiter der KBA-MetalPrint. Sie sollen in einer neu gegründeten Firma im schwäbischen Pleidelsheim interne Konstruktionspläne ihres früheren Arbeitgebers genutzt haben, um dessen Druckmaschinen und Bauteile nachzubauen. Nun drohen den mutmaßlich Verantwortlichen Haftstrafen von bis zu fünf Jahren.

Die KBA-MetalPrint hatte schon 2013 Strafanzeige wegen Verdachts auf Diebstahl interner Unterlagen gestellt. Im Anschluss daran war es zu polizeilichen Durchsuchungen gekommen, bei denen die Ermittler verdächtige Baupläne und E-Mails gesichert hatten. Inzwischen wurden zwei ehemalige Angestellte der KBA-MetalPrint bereits wegen Verrats von Betriebsgeheimnissen zu Geldstrafen verurteilt; wann über die aktuellen Vorwürfe entschieden werden soll ist noch unklar.

Taipeh: Sechs Verhaftungen wegen interner Spionage
Derweil gelang Polizeibehörden in Taipeh ein Schlag gegen eine Gruppe mutmaßlicher Industriespione: Fünf ehemalige und ein aktueller Mitarbeiter des Chemiekonzerns BASF Taiwan hatten angeblich versucht, Betriebsgeheimnisse für große Geldmengen nach China zu verkaufen. Ein chinesischer Hersteller soll die Gruppe für Informationen über Fertigungsprozesse und Technologien bezahlt haben – diese sollten nach Medienberichten zum Aufbau einer neuen Fertigungsstelle in China genutzt werden. Aktuell befinden sich demnach noch fünf der mutmaßlichen Täter in Haft; ein sechster Verdächtiger kam inzwischen auf Kaution frei.

Nach Angaben der Polizei hatten die Beschuldigten – darunter angeblich ein ranghoher Manager – für die geplante Übermittlung der sensiblen Daten bereits 1,3 Millionen US-Dollar (ca. 1,1 Millionen Euro) erhalten; weitere 4,5 Millionen US-Dollar (etwa 4 Millionen Euro) standen ihnen in Aussicht. Die Verschwörung flog aber offenbar auf, bevor der Datenklau gänzlich abgeschlossen werden konnte.

Über das mögliche Ausmaß des Datenverlustes sowie über den dadurch entstandenen potenziellen finanziellen Schaden hat sich BASF bislang nicht geäußert. In einer Stellungnahme gab der Chemiekonzern an, sofort Schritte eingeleitet zu haben, um die lokalen Ermittlungen zu unterstützen. Der beschuldigte Mitarbeiter sei beurlaubt worden. BASF habe zum Schutz seines geistigen Eigentums verschiedene Richtlinien und Maßnahmen etabliert; nun wolle das Unternehmen angesichts der aktuellen Vorfälle „diese Informationsschutzsysteme weiter verstärken.“

 

Laut einer aktuellen Studie des Fraunhofer ISI wird die Bedrohung durch Industrie- und Wirtschaftsspionage von vielen Firmen dramatisch unterschätzt. Das größte Manko aus Sicht der Fraunhofer-Forscher ist dabei die fehlende Sensibilisierung der Mitarbeiter.

Quellen: Stuttgarter Zeitung, Wirtschaftswoche; Bloomberg, Reuters, BASF

– Anzeige –